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Celina Scharek

7. November 2018

Challenge accepted: So werden Sie vom beliebten Kollegen zum guten Chef

Geschafft! Es steht endlich fest: Sie erhalten den Zuschlag für eine Führungsposition im eigenen Unternehmen. Doch unter die Euphorie mischt sich schnell ein zweites Gefühl: Unsicherheit.

Wie werden die Kolleginnen und Kollegen reagieren, wenn man plötzlich Chef ist? Kann man sich noch mit der einen Kollegin zum Sport verabreden? Wie entwickelt sich das Verhältnis zum anderen Kollegen, der die Position auch angestrebt hatte? Gleichzeitig steht man auf dem Prüfstand. Werden die vorgegebenen Ziele erreicht? Schafft man den Sprung vom Mitarbeiter zur Autoritätsperson?

In zahlreichen Seminaren habe ich Menschen dabei begleitet, diesen Sprung zu wagen und zu schaffen. Ein solcher Wechsel fällt in jedem Unternehmen und auf jeder Hierarchiestufe anders aus und trotzdem gibt es einige einfache Leitlinien, die in jeder Situation helfen.

Bleiben Sie ruhig!

Sie wissen viel über das Unternehmen und kennen es aus einer anderen Perspektive. Gepaart mit den Erwartungen der Geschäftsführung kann leicht ein Kurzschluss entstehen und ehe Sie sich versehen, sind Sie dabei, bestehende Strukturen umwerfen zu wollen. War da nicht dieses eine Projekt, in dem scheinbar immer zwei Mitarbeiter die gleiche Arbeit erledigen? Wäre es nicht schlauer Ihren ehemaligen Büronachbarn gleich für die Organisation eines Events abzustellen, das dringend organisiert werden muss?

Die meist gut gemeinten Aktionen, schnell für mehr Effizienz zu sorgen, schaffen oft Chaos – und damit noch mehr Probleme. Bevor Sie also damit beginnen, über die Köpfe von Projektleitern zu entscheiden, ehemalige Kollegen hin- und herzuschieben und sich Ihren eigenen Arbeitsalltag mit impulsiven und unsystematischen Entscheidungen zu füllen, halten Sie einmal inne.

Nehmen Sie sich als neuer Chef die Zeit, Ihr Team zu verstehen, zu durchschauen und konstruieren Sie erst dann um.

Wechseln Sie mal den Blickwinkel und beurteilen Sie aus Ihrer neuen Sicht. Vielleicht erscheint Ihnen ihr Büronachbar einfach deswegen als der geeignetste für eine Aufgabe, weil Sie den Austausch mit ihm gewohnt sind? Unter Umständen erledigen die beiden angesprochenen Mitarbeiter aber gar nicht das Gleiche, sondern haben ein eigenes System von Arbeitsteilung, das Sie als Kollege damals so gar nicht wahrgenommen hatten?

Verstehen Sie als neuer Chef, wie ihr Team arbeitet. Versuchen Sie nachzuvollziehen, wie verschiedene Arbeitsprozesse wachsen konnten. Sobald Sie einen ersten Überblick über Ihr Arbeitsfeld haben, werden Sie merken, dass es meist die kleinen unauffälligen Stellschrauben sind, die Ihr Team in kurzer Zeit optimieren.

Hören Sie zu!

Anders als bisher in Ihrer Rolle als Angestellter, definiert sich Ihr Erfolg jetzt nicht mehr nur über Ihre persönliche Leistung. Jetzt müssen Sie die Grundlagen schaffen, auf Basis derer Ihre Mitarbeiter erfolgreich arbeiten können.

Versetzen Sie sich doch einmal in die Situation Ihres ersten Feedback- Gesprächs mit der Geschäftsführung. Überlegen Sie, inwieweit eine Entscheidung, die Sie gerade treffen wollen, dort von Belang ist. Werden Sie bei der Versetzung eines Mitarbeiters damit argumentieren können, dass ein Projekt dadurch besser vorangeht? Wird das Sanktionieren von einer zur
Gewohnheit gewordenen Kaffeepause für den gewünschten höheren Output sorgen?

Setzen Sie keine Prioritäten und hören Sie allen Mitarbeitern gleichberechtigt zu.

Erkennen Sie die Vorteile aus Ihrer vorherigen Anstellung als Mitarbeiter. Viele Kollegen kennen Sie bereits. Vertrauen Sie aber nicht nur darauf, was Sie bereits wissen, sondern bauen Sie Ihre Einschätzungen aus: Holen Sie sich so viele Meinungen wie möglich ein, um besser zu verstehen, wo Ressourcen notwendig sind, wo Zeit vergeudet wird. Schnell werden Sie merken, welche
Veränderungen wirklich nützlich und nötig sind. Eine kleine Kaffeepause kann oft effektiver sein als ein großes Brainstorming. Zwei Kollegen brennen vielleicht für die Aufgabe des jeweils anderen und wären dafür besser geeignet. All das erfahren Sie am schnellsten dadurch, wenn Sie mit ihrem Team im regen Austausch bleiben.

Doch erliegen Sie nicht der Versuchung, nur denjenigen zuzuhören, die bereits als Kollegen zu Ihrem treuesten Kreis gehört haben. Nichts spricht dagegen, gute Vertrauensverhältnisse beizubehalten, doch Sie sollten genau darauf achten, dass für andere nicht das Gefühl einer Vorzugsbehandlung entsteht. Vor allem bei denjenigen, die sich um die gleiche Stelle beworben haben, sollte ein Gefühl von Wertschätzung und Respekt entstehen.

Sagen Sie was Sie wollen!

Auch wenn Sie als neuer Chef von Anfang an besonnen auftreten, zuhören und die Arbeit des neuen Teams möglichst geräuschlos weiterläuft, werden sich Ihre Ex-Kollegen ähnliche Fragen, wie Sie selbst stellen: Sind wir noch beim Du? Werde ich das Projekt, an dem ich gerade arbeite, behalten? Werden mir meine bekannten Marotten wie Raucherpause oder Telefonate jetzt negativ
ausgelegt?

Schaffen Sie deshalb Klarheit und sagen Sie von Anfang an, was Ihnen wichtig erscheint. Setzen Sie Signale dafür, dass Sie niemanden besonders behandeln. Wenn Sie zu einigen das „Du“ pflegen, bieten Sie es auch Ihnen gleichgestellten Kollegen an. Wenn Sie sich in der Freizeit mit einigen Mitarbeitern treffen, versuchen Sie durch gemeinsame Veranstaltungen wie einen After-Work-Drink auch anderen ein Gefühl von Gemeinsamkeit zu geben.

Umso transparenter Sie Entscheidungen treffen, umso leichter fällt es, diese zu akzeptieren.

Noch wichtiger ist es aber, Ihr Verhältnis zu Ihrer Belegschaft im Gesamten zu verdeutlichen. Stellen Sie ins Zentrum, um was es Ihnen als Chef geht: Wo geht die gemeinsame Reise hin? Stichwort: Transparenz!

Natürlich werden Sie nicht alle Fragen beantworten können und nicht alles, was Sie als neuer Chef vorgeben, wird die Zustimmung ihrer Ex-Kollegen finden. Doch je deutlicher Sie Ihrem Team vermitteln, warum Sie Entscheidungen treffen, umso leichter fällt es Ihnen, diese zu akzeptieren. Auch für Sie selbst ist eine Darlegung des „Schlachtplans“ von Vorteil: Wenn Sie Ihren Mitarbeitern eine Entscheidung nicht erklären können, sollten Sie auch selbst noch einmal darüber nachdenken, ob diese wirklich genug durchdacht ist.

Verstecken Sie sich nicht

Natürlich werden Sie als Vorgesetzter nicht in der Weise präsent sein können, wie sie es als Kollege waren. Ob gemeinsames Mittagessen, projektbezogene Meetings oder ein kleines Schwätzchen in der Kaffeeküche – solche Treffen werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit seltener ergeben. Stattdessen wird man Sie jetzt öfters mit Führungskräften anderer Abteilungen sehen, oder Sie
werden durch Meetings an anderen Orten oft nicht direkt für Ihre ehemaligen Kollegen ansprechbar sein.

Deswegen ist es wichtig, Ihre Präsenzzeit im Büro auch wörtlich zu nehmen. Seien Sie ansprechbar für Ihr Team. Geben Sie ehemaligen Kollegen nicht das Gefühl, sie „überholt“ und hinter sich  gelassen zu haben. Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter nur treffen, um Sie vor bereits vollendete Tatsachen zu stellen, programmieren Unmut im Team vor.

„Zu gut für uns“, „Hochmut kommt vor dem Fall“, „Mr. Wichtig“. Es geht schneller als gedacht, als unnahbarer Chef abgestempelt zu werden. Das Label hingegen wieder abzustreifen, wird dann erheblich schwieriger. Nehmen Sie sich daher von vorne herein Zeit für ihr Team.

Planen Sie doch am Anfang wöchentlich einen Team-Lunch. Dort können Sie in etwas ungezwungenerer Atmosphäre mit Ihrem Team in Kontakt bleiben und ein gutes Gefühl für die allgemeine Stimmung bekommen. Auch Ihrem Team wird es in wechselnder Location und entspannter Atmosphäre leichter fallen, ein schwieriges Verhältnis zu einem Kunden oder kritische Punkte in einer Geschäftssache anzusprechen, als in einem Vier-Augen-Gespräch im Büro des Chefs.

Die wichtigste Lektion für das Verhältnis zu Ihren ehemaligen Kollegen ist aber eine einfache: Es liegt an Ihnen. Denken Sie bildlich, sehen sie sich als Kapitän. Von Ihnen wird erwartet, dass Sie wissen, wohin es geht, wie man Stürme umschifft oder meistert und was Ihre „Crew“ motiviert. Sie werden den Weg nicht exakt planen können, doch mit den obigen Tipps schaffen sie den Schritt
und finden in Ihre neue Rolle als Chef.

 

Celina Scharek

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